Stress bei Pferden - Ein persönliches Anliegen

Vor ein paar Jahren hatte ich eine Kundin, die nicht mal im Traum daran gedacht hätte, dass ihr Wallach irgendwann mal Stress haben könnte. Er hatte alles: einen großzügigen Auslauf, gutes Futter und einen entspannten Alltag – zumindest dachte sie das. Doch mit der Zeit bemerkte sie kleine Veränderungen, die sie zunächst nicht einordnen konnte: Hier ein nervöses Ohrspiel, dort eine ungewöhnliche Unruhe beim Putzen. Nichts Dramatisches – einfach nur anders als sonst. Erst als sich die Symptome häuften und er immer fahriger wurde, schweißnass und mit Ohren in ständiger Alarmbereitschaft, wurde ihr klar: Das war kein schlechter Tag mehr. 

Der Tierarzt konnte zunächst nichts Eindeutiges feststellen – vielleicht Schmerzen, vielleicht Unwohlsein, vielleicht irgendetwas anderes. Erst in unserem Gespräch, als sie mir von seinem Verhalten und dem Alltag erzählte, fügten sich die Puzzleteile zusammen: chronischer Stress.

Stress bei Pferden ist kein Mangel an Auslauf und auch keine Schwäche. Es ist ein echtes und körperlich messbares Problem, das massive Auswirkungen auf die Gesundheit, das Verhalten und die Beziehung zum Pferd hat. Deshalb ist es mir persönlich ein großes Anliegen, dir echte und praxisnahe Wege zu zeigen, wie du dein Pferd unterstützen kannst.

Was ist Stress bei Pferden wirklich?

Wenn ich von Stress bei Pferden spreche, meine ich nicht einfach nur, dass das Pferd nervös ist. Stress ist eine physiologische Reaktion des Körpers auf einen Reiz – einen sogenannten Stressor. Das Pferd befindet sich in einem Zustand erhöhter Alarmbereitschaft, bei dem der Körper verschiedene Hormone ausschüttet, allen voran Adrenalin und Cortisol.

Im Prinzip ist das auch nützlich: Ein wilder Cortisol-Spike beim Anblick eines Raubtiers? Überlebensnotwendig.  Denn Pferde sind Fluchttiere und evolutionär darauf programmiert, schnell zu reagieren und noch schneller zu rennen. Aber der Knackpunkt ist: Ihr Organismus unterscheidet nicht zwischen einer echten Gefahr und dem stressigen Alltag in der modernen Haltung. Auf Dauer kann das deshalb zu einer richtigen Belastung werden. 

Akuter Stress vs. Chronischer Stress

Akuter Stress aktiviert das sympathische Nervensystem. Der Körper schüttet Adrenalin und Noradrenalin aus – das ist eine sofortige Reaktion auf eine wahrgenommene Bedrohung. Energie wird mobilisiert, die Muskeln spannen an, der Herzschlag steigt. In der Natur macht das auch Sinn. Ein Pferd braucht diese Fähigkeit schließlich, um zu überleben.

Chronischer Stress ist hingegen der eigentliche Feind. Wenn ein Pferd dauerhaft in diesem Alarmzustand verharrt – sei es durch fehlende Routine, körperliche Schmerzen, mangelnde Bewegung oder emotionale Instabilität des Menschen, Unruhe in der Herde – dann schaltet sich ein anderer Mechanismus ein. Der Körper produziert ständig Cortisol, das sogenannte Stresshormon. Das Immunsystem wird gehemmt, die Verdauung leidet und die Muskeln versteifen sich chronisch. Das Pferd wirkt dann nicht nur nervös, sondern auch resigniert. Als würde es sein Leben und die Umstände nur noch “ertragen”. 

Und hier liegt auch das Geheimnis im Verständnis: Stress ist nicht immer schlecht, aber als Herdentiere benötigen Pferde Sicherheit, Vorhersehbarkeit und soziale Struktur. Ohne diese Faktoren schaltet der Körper dauerhaft in den Stressmodus – unabhängig davon, wie schön die Koppel ist.

Ursachen: Die Auslöser für Stress

Nach meiner Erfahrung sind die Ursachen für gestresste Pferde oft viel subtiler als wir denken. Hier findest du ein paar der Hauptauslöser:

  • Umgebungswechsel und Veränderungen sind massive Stressoren. Ein Stallumzug, Transport, Turniere oder auch nur neue Reitpartner destabilisieren die Herdenstruktur und Vorhersehbarkeit, die Pferde für ihre Sicherheit brauchen. Der Wallach meiner Klientin war super stabil – bis sein bester Freund verkauft wurde. Zwei Wochen später war er kaum wiederzuerkennen.
  • Unklare Kommunikation und physische Probleme führen außerdem zu Dauerstress. Ein schlecht sitzender Sattel, Zahnprobleme, versteckte Gelenkschmerzen oder verwirrende Reiterhilfen halten das Pferd ständig im Alarmzustand. Der Körper signalisiert permanent: „Etwas stimmt nicht!" und das ist absolut stressig. 
  • Soziale Isolation oder Herdenkonflikte sind zudem für Herdentiere besonders belastend. Ein Pferd, das allein steht oder sich in der Gruppe nicht sicher fühlt, lebt in permanenter Anspannung. Die soziale Struktur ist für das emotionale Gleichgewicht essentiell.
  • Auch alltägliche Faktoren wie zu wenig Bewegung, schlechte Fütterung und dadurch Nährstoffmängel (Magnesium, B-Vitamine, L-Tryptophan) beeinflussen das Nervensystem direkt. Ein Getreide-lastiges Futter übersäuert den Magen und wirkt sich auf die Psyche aus. Das ist keine Nebensächlichkeit, sondern eine echte neurochemische Komponente.

Symptome: So erkennst du ein gestresstes Pferd

Die gute Nachricht: Gestresste Pferde senden deutliche Signale. Die schlechte Nachricht: Es gibt viele Pferde, die Stress super kompensieren können und man es ihnen viel zu spät ansieht. Deshalb ist es in jedem Fall so wichtig zu wissen, worauf man schauen muss. 

Körperliche und physiologische Zeichen sind oft am auffälligsten. Ein gestresstes Pferd hat eine höhere Herzfrequenz (normalerweise 30-40 Schläge pro Minute, unter Stress schnell mal über 60), oberflächliche schnelle Atmung, und manchmal eine interessante "Schwitzstelle" im Nacken oder zwischen den Hinterbeinen. Das ist das klassische Stressschwitzen, das oft plötzlich kommt. Verdauungsprobleme wie weicher Kot oder Neigung zu Koliken sind auch typische Anzeichen. Chronischer Stress kann sogar Magengeschwüre begünstigen.

Verhaltens- und Kommunikationszeichen sind ebenfalls super aufschlussreich. Die Ohrenstellung wechselt ständig, die Nüstern sind verengt oder aufgerissen, die Augen wirken angespannt mit viel Weiß und weniger Blinzeln. Der Wallach meiner Kundin zeigte auch ein sehr subtiles Zeichen: Sein Schnauben wurde höher und angespannter. Es war nicht mehr das tiefe, entspannte Schnauben, wie es bei  ruhigen Pferden der Fall ist.

Weitere Zeichen im Alltag manifestieren sich zudem auf verschiedene Weise. Unruhe im Ruhezustand, häufiges Hufscharren, Kratzen an Wänden oder Weben (seitliches Hin- und Herbewegen) oder auch plötzliche Aggressivität beim Putzen. Einige Pferde werden regelrecht depressiv, apathisch, lustlos und weniger leistungsfähig. Appetitverlust oder ein glanzloses Fell trotz gutem Futter sind leider auch keine Seltenheit.

Die langfristigen Folgen von dauerhaftem Stress

Das Tückische am chronischen Stress: Die Folgen sind nicht immer sofort sichtbar, aber sie sind real und können gravierend sein.

Denn es entstehen gesundheitliche Risiken, wenn Cortisol dauerhaft ausgeschüttet wird. Das Immunsystem wird dabei nämlich unterdrückt und das Pferd wird anfälliger für Infektionen und Atemwegserkrankungen sowie langsamer in der Wundheilung. Bei lang anhaltendem Stress sind Magengeschwüre zudem praktisch garantiert, weil die Magensäureproduktion hochgefahren wird. Chronische Kolikneigung und Leistungsabfall folgen oft im Anschluss.

Außerdem verstärken sich Verhaltensprobleme und Leistungseinbrüche gegenseitig. Ein nervöses Pferd wird zum Problem-Pferd. Es kann Reiter abwerfen, bei kleinsten Reizen durchgehen oder aggressiv werden. Ein unter Dauerstress stehendes Pferd kann Neues nicht lernen, weil das Gehirn im Fluchtmodus ist. Das beeinträchtigt das Training, die Sicherheit beim Reiten und vor allem das allgemeine Wohlbefinden. 

Das Tragischste ist oft die Beeinträchtigung der Mensch-Pferd-Beziehung. Das Pferd vertraut nichts und niemandem mehr, lebt in permanenter Angst und wird neurotisch. Die emotionale Bindung wird beschädigt und das lässt sich oft nur mit großem Aufwand und viel Zeit wiederherstellen.

Strategien zur Stressminderung und Prävention

Nachdem ich jetzt schon einige Jahre meine Kunden auf dieser ganzen Reise begleiten durfte, habe ich gelernt, dass Stress-Reduktion nicht bedeutet, die ganze Welt umzukrempeln. Es sind kleine, achtsame Entscheidungen und ein paar Grundprinzipien:

  • Artgerechte Haltung mit freier Bewegung, Weidegang und stabilen sozialen Kontakten
  • Vorhersehbare Routinen, die dem Pferd Sicherheit geben
  • Stabile Herdenstrukturen ohne ständige Wechsel von Weidepartnern oder Stallplätzen
  • Regelmäßige, Bewegung statt Überforderung oder Bewegungsmangel
  • Naturnahe Fütterung mit Kräutern, Pflanzen und natürlichen Futtermitteln statt Fertigfutter oder synthetischen Zusätzen

Praktische Tipps für den Alltag

Gewöhn dein Pferd langsam und positiv an potenziell stressige Situationen (Transport, Turnier, neue Umgebung, etc.). Das funktioniert nur mit Geduld und ohne Druck. Ein gutes Management mit klaren Strukturen beruhigt das Pferd enorm. Achte zudem auf eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend gutem Raufutter, stabilen Blutglucosespiegeln und wichtigen Mineralstoffen – besonders Magnesium, B-Vitamine und L-Tryptophan spielen eine Rolle für die Nervenstabilität. Genau dafür habe ich übrigens auch mein Futtermittel Chill mal entwickelt. Es unterstützt die Nerven deines Pferdes und hilft gegen Stress.

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Kommen wir nun zum Training. Hier solltest du die Kommunikation deines Pferdes aufmerksam beobachten. Wenn Stresssignale auftauchen, reagiere darauf, statt über sie hinweg zu reiten. Feines Timing, Klarheit in den Hilfen und realistische Erwartungen sind Gold wert. Und ganz wichtig: Dein eigener Stresszustand überträgt sich direkt auf dein Pferd. Wenn du also selbst gestresst bist, fühlt es dein Vierbeiner sofort.

Sollten die Verhaltensveränderungen plötzlich und massiv sein, wie bspw. eine chronische Kolik, Appetitlosigkeit oder Schwitzen ohne Grund, solltest du einen Tierarzt aufsuchen. Auch Pferdephysiotherapeuten und Verhaltenstrainer können wertvolle Partner sein. Gerne kannst du mir auch einfach schreiben und gemeinsam helfen wir deinem Pferd wieder zu mehr Gelassenheit.

Fazit: Mit Achtsamkeit zu mehr Ruhe im Pferdealltag

Stress bei Pferden ist kein unabwendbares Schicksal, es ist ein behandelbares Problem. Die wichtigste Erkenntnis ist: Stress ist eine reale, körperliche Reaktion mit messbaren Folgen. Die Ursachen sind oft subtil, aber identifizierbar. Ganz wichtig dabei zu verstehen: Vorsorge ist besser als Nachsorge.

Das bedeutet jetzt nicht perfekt zu sein. Es bedeutet lediglich aufmerksam zu sein, das Pferd nicht als Sportgerät zu sehen, sondern als ein Lebewesen mit echten emotionalen Bedürfnissen. Und es bedeutet, Zeit in die Beobachtung und die Beziehung zu investieren.

Für mich und meine Kundin war das ein wertvolles Lern-Investment. Und ich glaube, das ist das Ziel, das wir alle haben sollten. Das wir nicht nur bessere Reiter, sondern auch achtsamere Pferdemenschen werden, die ihre Pferde wirklich verstehen.

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