Raufutter für Pferde: Was jeder Pferdebesitzer über Heu wissen muss

Raufutter. Ein Thema, dem viel mehr Beachtung und Dringlichkeit geschenkt werden sollte. Wer das Thema nicht ernst nimmt, spielt nämlich russisches Roulette mit der Gesundheit seines Vierbeiners. Und als jemand, der bereits zu viele Pferde durch schlechte Heuqualität leiden gesehen hat (und leider auch mein eigenes), weiß ich genau wovon ich spreche. 

Die traurige Realität sieht nämlich so aus: Während wir uns stundenlang Gedanken über das perfekte Zusatzfutter machen, über Vitaminpräparate diskutieren und teures Spezialfutter kaufen, übersehen wir oft das Wichtigste – die Basis. Zu oft habe ich erlebt, wie Pferdebesitzer ratlos vor chronischen Koliken oder hartnäckigen Atemwegsproblemen, Kotwasser, Magenproblemen stehen. Am Ende lag die Ursache oft am schlechten Grundfutter. 

Das frustriert mich maßlos, weil es in den meisten Fällen vermeidbar gewesen wäre. Deshalb möchte ich mit diesem Artikel nun aufräumen und deutlich machen, wie wichtig das Raufutter für unsere Vierbeiner ist.

Diese Raufutter-Arten gibt es

Raufutter umfasst alle faserstoffreichen Futtermittel, die für die Verdauung deines Pferdes unverzichtbar sind. Die wichtigsten Arten findest du hier einmal im Überblick:

Heu ist der Goldstandard unter den Raufuttersorten und sozusagen der Mercedes unter den Grundfuttermitteln. Getrocknete Gräser und Kräuter.

Heulage/Silage hat einen höheren Feuchtigkeitsgehalt. Bei der Fermentation dominieren Milchsäurebakterien, die den pH-Wert auf 4,0-5,0 senken sollten. Das Problem dabei ist: Wenn die Fermentation schief geht, können sich Buttersäurebakterien und andere unerwünschte Keime breit machen. Das Ergebnis riecht dann nicht nur übel, sondern kann auch gefährlich werden. 

Heulage ist ehrlich gesagt nicht mein Favorit – die Qualitätsschwankungen sind enorm und viele Pferde vertragen sie nicht. Bei Silage bin ich sogar noch kritischer, das geht für Pferde meiner Meinung nach gar nicht. 

Stroh ist eine wertvolle Ergänzung zum Grundfutter, aber definitiv kein vollwertiger Heu-Ersatz. Mit Stroh kannst du beispielsweise zu niedrige Rohfasergehalte ausgleichen (im Heu wollen wir idealerweise 30% Rohfaser) oder auch mal das Heu etwas strecken. Aber Achtung: Es sollte immer nur als wertvolle Ergänzung gesehen werden, nie als Grundfutter. Stroh ist sozusagen der Beilagensalat zum Hauptgang – wichtig für die Ausgewogenheit, aber nicht die Hauptmahlzeit.

Weidegras ist im Frühjahr und Sommer das natürlichste Raufutter überhaupt, birgt aber bei zu eiweiß-und energiehaltigem Gras alias “Rinderwiesen” die Gefahr von Stoffwechselproblemen und anderen Krankheiten. Frisches Gras ist wie Schokolade für Pferde – unwiderstehlich lecker, aber in großen Mengen problematisch. Es kommt maßgeblich auf den Bewuchs an.

Darum ist Heu so wichtig für Pferde

Heu ist für Pferde keine Nebensache, sondern überlebenswichtig. Unsere Vierbeiner sind darauf programmiert, 16-18 Stunden täglich kleine Mengen aufzunehmen. Das ist kein Hobby, sondern biologische Notwendigkeit. Ihr gesamter Verdauungstrakt ist auf diese kontinuierliche Rohfaserzufuhr angewiesen, so wie ein Auto auf Benzin.

Wenn das Raufutter stimmt, dann wird die Darmflora genährt (und die ist der Schlüssel zu allem). Außerdem bleiben die Atemwege gesund, der Energiehaushalt stabil und dein Pferd ist stundenlang natürlich beschäftigt - was für eine entspannte Psyche sorgt.

Ohne ausreichend hochwertiges Raufutter entstehen massive gesundheitliche Probleme, die es in sich haben: Verdauungsstörungen, Blähungen, Atemwegserkrankungen oder Aufgasung bis hin zu Verhaltensstörungen wie Koppen oder Weben. Paradoxerweise kann sogar ein Nährstoffmangel, trotz teurer Zusatzfutter, auftreten.

Die Faustformel, die daher jeder Pferdebesitzer im Schlaf können sollte, lautet: Mindestens 2 kg Raufutter pro 100 kg Körpergewicht täglich. Bei einem 600 kg Warmblut sind das also mindestens 12 kg Heu pro Tag – und das ist das absolute Minimum!

Die Qualität ist das absolute A und O

Jetzt wird's ernst und ich meine richtig ernst. Denn Heu zu füttern ist eine Sache, aber das richtige Heu zu füttern eine ganz andere. Gutes Heu ist weit mehr als nur mal schnell dran zu riechen und zu denken "Riecht nicht schlecht, passt schon". Schlechte Heuqualität ist ein stiller Killer, der oft erst spät erkannt wird und dann für böse Überraschungen sorgt.

Schimmelpilze im Heu erkennen

Schimmel im Heu ist wie ein Eisberg – was du siehst, ist nur die Spitze. Klar, die weißen, pelzigen Beläge erkennt jeder Pferde- und Stallbesitzer sofort. Aber die wirklich tückischen Schimmelpilze wie Aspergillus machen sich oft unsichtbar breit. Diese kleinen Biester produzieren Mykotoxine, die zu schweren Leberschäden, chronischen Atemwegsproblemen und im schlimmsten Fall sogar zum Tod führen können. Da hört der Spaß definitiv auf!

Hier sind einige Warnsignale, bei denen alle Alarmglocken läuten sollten: 

  • Muffiger, dumpfer oder süßlicher Geruch (gutes Heu riecht frisch und würzig)
  • Graue bis schwarze Verfärbungen
  • Feuchte oder klebrige Stellen
  • Staubentwicklung beim Aufschütteln
  • Weiße Beläge oder schwarze Punkte auf den Halmen

Heuanalyse – wenn die Nase nicht mehr reicht

Die harte Wahrheit, die niemand hören will, ist ja: Heuqualität nur durch eine Sinnesprüfung erkennen zu wollen, reicht oft nicht aus. Wenn wir Schimmel riechen oder sehen können, ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen. An diesem Punkt kannst du das Heu direkt entsorgen, denn Füttern ist definitiv keine Option mehr (und vielleicht hat es auch schon Schaden in deinem Pferd angerichtet). 

Moderne Heuanalysen sind wie ein Röntgenblick für dein Heu und decken gnadenlos auf: Schimmelpilzbefall und Mykotoxin-Belastung. Aber auch Nährstoffgehalte wie Protein, Energie und Mineralstoffe. Keimzahlen, bakterielle Belastung sowie Pestizidrückstände bleiben ebenfalls nicht unentdeckt. Die Kosten für eine professionelle Heuanalyse liegen bei etwa 80-150 Euro. Aber mal ehrlich: Das ist lächerlich im Vergleich zu den Tierarztkosten, die durch schlechtes Heu entstehen können (Stichwort: Kolik).

Raufutter: Die Probleme in der heutigen Zeit

Neben dem Schimmel gibt es in der heutigen Zeit aber leider auch noch andere Probleme. Moderne Wiesen werden oft mit sogenannten Hochleistungsgräsern bestückt. Diese sind zwar ertragreich, aber für Pferde etwa so geeignet wie Energy-Drinks für Kleinkinder. Die Gräser haben oft zu hohe Zucker- und Stärkegehalte, unausgewogene Protein-Energie-Verhältnisse und wenig Struktur und Rohfaser. 

Dazu kommt noch das Problem der gespritzten Wiesen: Herbizide eliminieren wertvolle Kräuter wie Löwenzahn, Spitzwegerich und Schafgarbe – genau die natürlichen Mineralstofflieferanten, die Pferde brauchen. Übrig bleiben sterile Gras-Monokulturen und manchmal auch Pestizidrückstände im Heu. Das liefert ein völlig unnatürliches Futter, das etwa so ausgewogen ist wie eine Ernährung aus Weißbrot und Wasser. Pferde sind aber nun mal keine Hochleistungskühe, sondern brauchen die Vielfalt verschiedener Gräser und Kräuter für eine optimale Nährstoffversorgung.

Ein weiteres Problem, das gerne übersehen wird: Super kurzes Heu mit nur 2-4 cm Länge kann von Pferden nicht richtig gekaut werden. Es fehlt die natürliche Wickelbewegung im Maul, die für den Speichelfluss und die Vorverdauung so wichtig ist wie das Amen in der Kirche. Solche "Strukturhäcksel" führen zu unzureichender Einspeichelung, schlechter Vorverdauung und erhöhtem Kolik-Risiko. 

Viele Böden sind zudem heute regelrecht ausgelaugt und nährstoffarm. Das Resultat ist paradox: Heu mit zu wenig Energie, zu wenig Protein, zu wenig Nährstoffen aber oft zu viel Zucker. Kräuter, die natürliche Mineralstofflieferanten wären, aber komplett fehlen. So entsteht das Phänomen der Mangelernährung trotz ausreichender Mengen – dein Pferd ist satt, aber nicht richtig versorgt. Stell es dir so vor, als würdest du dich nur von Weißbrot ernähren: Der Magen ist voll, aber die Nährstoffe fehlen.

Wichtige Hinweise zu Heuernte, Lagerung & Co

Wann Heu wirklich gut für Pferde ist, hängt auch stark vom Erntezeitpunkt ab – und hier wird oft schon der Grundstein für Probleme gelegt. Der erste Schnitt sollte erfolgen, wenn die Gräser in der Blüte stehen – nicht früher, aber vor allem nicht später! Danach geht's bergab mit den Nährstoffen, während der Rohfasergehalt zunimmt wie die Preise an der Tankstelle.

Ideale Erntebedingungen sind trockenes Wetter mit mindestens 3 sonnigen Tagen (nicht nur ein Nachmittag ohne Regen!), Ernte am späten Vormittag, wenn der Tau abgetrocknet ist und eine schnelle Trocknung auf der Wiese sichergestellt werden kann. Ist eine schnelle Trocknung nicht möglich, sollte ein Wechsel in Betracht gezogen werden, zu einem Heulieferanten, der eine Trocknungsanlage hat. 

Lagerung – hier geht oft alles schief

Ist das Heu geerntet entscheiden die Lagerzeit und Lagerqualität maßgeblich über den weiteren Erfolg. Allerdings sehe ich hier regelmäßig Dinge, die mich fast zum Weinen bringen: Heu, das auf der Wiese liegt, ohne jede Unterlage - nur mit einem Heunetz als "Schutz". Das ist der direkteste Weg zu verschimmeltem Futter und etwa so sinnvoll wie ein Regenschirm aus Krepppapier!

Richtige Lagerung bedeutet: 

  • Paletten oder andere Unterlagen zum Schutz vor Bodenfeuchtigkeit
  • Gute Belüftung von allen Seiten (Luftzirkulation ist das A und O)
  • Schutz vor direkter Witterung
  • Einen trockenen, gut durchlüfteten Lagerraum
  • Regelmäßige Kontrolle der gelagerten Ballen

Heu ist nämlich nicht wie Wein – es wird nicht besser, wenn es alt wird!

Die Sache mit den Heunetzen

Kommt es dann zur Fütterung, werden auch öfter mal Heunetze verwendet. Diese sind allerdings ein zweischneidiges Schwert und verdienen eine differenzierte Betrachtung. Einerseits verlangsamen sie die Futteraufnahme und beschäftigen das Pferd länger – das ist grundsätzlich gut und entspricht eher der natürlichen Fressweise. Andererseits können zu enge Maschen zu Stress führen. 

Bei sehr engen Maschen unter 3 cm wird die Futteraufnahme deutlich verlangsamt – das Pferd braucht oft doppelt so lange zum Fressen. Bei 4-5 cm Maschenweite hast du einen guten Kompromiss: Das Pferd frisst langsamer als ohne Netz, aber nicht quälend langsam. Ab 6 cm aufwärts nähert sich die Fressgeschwindigkeit wieder der normalen an.

Fazit: Raufutter ist die Basis – alles andere ist Beiwerk

Hier nochmal die harten Fakten auf den Punkt gebracht: Raufutter für Pferde ist nicht verhandelbar. Viele Vierbeiner werden durch schlechtes Grundfutter krank gefüttert, während ihre Besitzer verzweifelt nach dem perfekten Zusatzfutter suchen. Dabei entscheidet die Qualität des Heus darüber, ob das Pferd gesund bleibt oder krank wird. Punkt.

Und vergiss nicht: Während du über das neueste Superfood-Ergänzungsfutter nachdenkst, frisst dein Pferd täglich 10-15 kg Grundfutter. Die Investition in hochwertiges Raufutter ist die beste Krankenversicherung für dein Pferd. Denn wie heißt es so schön: Vorsorge ist besser als Nachsorge – und günstiger ist es auch.

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